Hintergrund
15.03.2019 | Redaktion Blog

Warum enthalten Lkw-Mautsätze eine Komponente für Lärmbelastung?

Seit Anfang 2019 müssen Mautkunden Kosten für Lärmbelastung zahlen. Toll Collect erklärt Hintergründe und Zusammenhänge.

Wie hoch sind die Kosten für Lärmbelastung, die Mautkunden zu zahlen haben?

Seit Januar 2019 setzen sich die Mautsätze aus drei Teilen zusammen: aus Infrastruktur-, Luftverschmutzungs- und Lärmbelastungskosten. Während sich die Höhe der Infrastrukturkosten nach der Gewichtsklasse – und bei Lkw ab 18 Tonnen zusätzlich nach der Anzahl der Achsen – richtet, hängen die Kosten für die verursachte Luftverschmutzung von der Schadstoffklasse des Lkw ab. Die Lärmbelastungskosten sind nicht von Fahrzeugmerkmalen abhängig. Sie betragen für alle mautpflichtigen Fahrzeuge 0,2 Cent pro Kilometer.

Wie wurde die Höhe des Mautsatzanteils für Lärmbelastung festgesetzt?

Der Mautsatzanteil für Lärmbelastung ergibt sich aus dem aktuellen Wegekostengutachten. Darin wurden die Kosten für die Lärmschutz-Ausstattung an Bundesfernstraßen, zum Beispiel für Lärmschutzwände und –wälle, berücksichtigt.

Die Wegekostenrichtlinie der Europäischen Union gestattet den Mitgliedsstaaten, den Straßennutzern externe Kosten für Lärmbelastung anzulasten. Sie gibt dabei aber Höchstbeträge vor. Für Fernstraßen betragen sie am Tag 0,2 Cent je Kilometer. Weil die im Wegekostengutachten errechneten Kosten zur Minderung der Lärmbelastung deutlich darüber liegen, schöpft der Gesetzgeber diesen Höchstbetrag bei der Lkw-Maut in Deutschland aus.

Tarife in der Übersicht

So setzt sich der neue Mautsatz zusammen. Grafik: reborn

Wofür werden die Einnahmen aus der Anlastung der externen Kosten für Lärmbelastung verwendet?

Von den prognostizierten Mauteinnahmen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro pro Jahr entfallen rund 80 Millionen Euro auf externe Kosten für Lärmbelastung. Diese Einnahmen muss Deutschland laut EU-Richtlinie für Lärmschutzmaßnahmen verwenden.

Die Ausgaben des Bundes für Lärmschutz und Lärmsanierung an Bundesfernstraßen liegen weit über diesen Einnahmen. Hintergrund: Der Bund geht davon aus, dass die Akzeptanz der Bevölkerung für den Ausbau und die Nutzung der Verkehrsinfrastruktur durch den wachsenden Güterverkehr entscheidend davon abhängt, dass sich die Lärmbelastung reduziert.

Lange Tradition: Geschichte des Lärmschutzes im Straßenverkehr

Großstadtmenschen haben schon lange mit Lärm zu kämpfen – bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gründet sich der erste „Antilärmverein“ in Deutschland. Seitdem diskutieren, entwickeln und erproben Experten verschiedene Schutzstrategien, von baulichen über juristische und technische bis hin zu planerischen Maßnahmen.

Als Folge verstärkter Motorisierung und dauerhafter Lärmemission an Autobahnen wurden seit Anfang der 70er-Jahre die Bemühungen um Lärmschutzmaßnahmen intensiviert. Die Lärmemissionen eines schnell fahrenden Autos setzen sich zusammen aus dem Motorengeräusch und dem Rollgeräusch der Reifen. Nachdem es nicht gelungen war, den Lärm ausschließlich durch Modifikation der Fahrzeuge zu reduzieren, folgten erste Versuche mit Schallschutzschirmen, zunächst auf Flughäfen.

Lärmbelastung sinkt

Lärmbelastung sinkt drastisch durch Lärmschutzwände. Grafik: kaiserwetter

Bereits 1969 errichteten Anlieger der A8 bei Kirchheim in Eigeninitiative eine Lärmschutzwand. Die erste große Maßnahme des Bundes erfolgte 1974 an der A8 bei Pforzheim, wo man auf einer Strecke von 1800 Metern unterschiedliche Materialien für Lärmschutzwände erprobte. Da die Lärmbelastung entsprechend der Verkehrsdichte, der gefahrenen Geschwindigkeit, den Witterungsbedingungen sowie den landschaftlichen Gegebenheiten variiert, wird die Belastung eines Ortes nicht gemessen, sondern nach geprüften Normen errechnet. Der gewichtete Mittelungspegel aus Normal- und Spitzenemission ist hierbei Bemessungsgrundlage für die Entscheidung, ob und welche Lärmschutzmaßnahmen folgen. Neben der direkten Abstrahlung muss man auch Reflexionen der Schallwellen bei der Konzeption von  Lärmschutzanlagen berücksichtigen.

Kommentare (0)