Berufskraftfahrer im Güterverkehr
20.03.2015 | Redaktion Blog

Berufskraftfahrer im Güterverkehr – Ein Erfahrungsbericht

Offiziell heißen Lkw-Fahrer „Berufskraftfahrer im Güterverkehr“. Und über die hat wohl jeder seine ganz eigene Meinung. Aber wer macht sich schon ernsthaft Gedanken, wie der Berufsalltag der Fahrer aussieht? Grund genug bei einem nachzufragen, der es genau weiß.

Ricardo Richter ist einer von rund 530.000 Berufskraftfahrern im Güterverkehr in Deutschland. Er macht den Job aus Überzeugung und mit Leidenschaft. Das hatte er auch schon während seiner Ausbildung unter Beweis gestellt. Mittlerweile arbeitet er für eine Spedition im Süden Deutschlands und transportiert Güter im innerdeutschen Fernverkehr.

Ricardo, Berufskraftfahrer im Güterverkehr bringen 365 Tage im Jahr Waren von A nach B. Sieht so auch für Dich ein typischer Arbeitstag aus?

Es geht eher um Arbeitswochen statt um Tage. Die Woche beginnt oft am Sonntag. Um dem Verkehr zu entgehen, versuchen Berufskraftfahrer nachts zu fahren. Die Spedition für die ich arbeite, hat ihren Sitz in Augsburg. Das ist quasi mein „Heimathafen“. Von hier fahre ich überall hin. Wohin, erfahre ich meist kurzfristig vom Disponenten. Bevor ich den Lkw starte, muss ich die Ladung verstauen und die Frachtpapiere ausfüllen. Dann geht’s los.

Am Ziel wird einfach nur Be- und Entladen?

Die Fahrtziele nennen wir Berufskraftfahrer „Entladestationen“. Das sind zum Beispiel Logistikzentren. Je nachdem, wie zügig der Kunde die Ware benötigt und wie viele Lkw vorher abladen müssen, heißt es dort erst einmal: warten. Nach dem Entladen geht es zur nächsten Station.

Du bist im Fernverkehr unterwegs. Das heißt, Du bist stundenlang auf der Autobahn. Kommt da Langeweile auf?

Langeweile kommt nicht auf. Das ist der Job. Zumal wir unter großem Zeitdruck arbeiten. Außerdem bin ich gerne unterwegs und sehe viel von der Welt. Nach neun Stunden ist aber eh erst einmal Schluss. Dann muss ich die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten einlegen.

Dafür brauchst Du einen Stellplatz. Bei den vollen Lkw-Parkplätzen ist die Suche danach bestimmt stressig?

Ich versuche die Pausen so zu planen, dass ich rechtzeitig einen Parkplatz bei einem Autohof finde. Dort gibt es meistens Sanitäranlagen. Ansonsten muss ich dort halten, wo ich bin. Egal ob beim Kunden, in der Nähe eines Autohofs oder einem Rastplatz. Zum Glück gibt es mittlerweile bei vielen Entladestationen auch Duschen.

Was macht ein Berufskraftfahrer während neun Stunden Fahrt?

Es geht ja vor allem um das Fahren. Da ist Konzentration gefragt. Grundsätzlich schätze ich, dass wir Berufskraftfahrer uns nicht so sehr von Berufspendlern unterscheiden. Musik und Radio gehören bei den langen Fahrten selbstverständlich dazu.

Welche Erfahrungen hast du mit der Maut in anderen Ländern gemacht?

Ab und an geht die Fahrt natürlich ins Ausland. Dort ist die Maut anders als in Deutschland. Es gibt Mautstellen an Auf- und Ausfahrten, an denen mautpflichtige Fahrzeuge ihre Fahrt verlangsamen, um die Maut zu bezahlen. Für Fahrten in Österreich nutze ich TOLL2GO und die OBU von Toll Collect.

Bei Überholvorgängen von Lkw steigt der Frust bei vielen Pkw-Fahrern. Was ist Deine Meinung dazu?

Ganz einfach: Die Leute sollten sich einfach vorstellen, längere Zeit mit Tempomat hinter dem Vordermann zu fahren, der nur einen Kilometer pro Stunde langsamer fährt als man selbst. Da muss ständig abgebremst und neu beschleunigt werden. Natürlich überholt man irgendwann. Alles andere kostet Treibstoff, Nerven und Zeit. Da summieren sich Sekunden in einer ganzen Woche zu Stunden.

Trotz Zeitdruck, vollen Rasthöfen und tagelangen Touren bist Du mit Herzblut bei der Sache. Hast Du als Berufskraftfahrer im Güterverkehr Deinen Traumjob gefunden?

Absolut. Die Aufgaben eines Berufskraftfahrers sind sehr vielfältig und anspruchsvoll – entsprechend gut ist heute die Bezahlung. Jeder Tag ist anders, gerade weil man viel unterwegs ist. Ich würde mit niemandem tauschen wollen, das ist wirklich mein Traumjob!

Beim Wettbewerb Best BKF“ werden die besten Auszubildenden im Güterverkehr gesucht. Informationen über „Hallo, Zukunft!“ gibt es im Netz. Unter www.hallo-ausbildung.de gibt es Wissenswertes über die Ausbildung zum Berufskraftfahrer im Güterverkehr.

Kommentare (3)

Almut
26.05.2015 17:47

Tolles Interview, ich hatte viel Spass beim lesen!!

Reimsbach Frank
27.08.2015 13:46

Wenn ich mich recht erinnere sollte die Maut Geld in die Bundeskasse um mehr mittel für infrastrukturelle Projekte zu haben, da die Gelder aus der Kfz-Steuer, weil nicht zweckgebunden,größtenteils für andere defizitäre Bereiche unseres Bundeshaushalts verwendet werden. Gerecht sollte es zugehen bei der Mauterhebung. Zahlen sollten erstens diejenigen die mit veralteter Technik unsere Umwelt belasten. Zweitens die, die unsere Straßen besonders belasten. Das Erstere ist wohl annähernd gelungen. Beim Zweiten erweist sich das System aber als das, was der Bürger vom Gesetzgeber gewohnt ist. Die kleinen lässt man zahlen, die Großen dagegen sparen. Insofern handelt der Gesetzgeber hier für den Bürger verlässlich. Man muss kein technisches Genie sein um zu wissen, dass 18 Tonnen auf zwei Achsen verteilt die Straße stärker verschleißen als knapp 11 Tonnen auf 4 Achsen eines 7,49 Tonners mit 3,5 Tonnen Tandemachsanhänger. Warum zahlt Der Handwerker mit dieser Kombination genau so viel Maut wie ein Speditionsvierachser mit 34 Tonnen. Im Rückschluss wird der Handwerker je Tonne dreimal so viel zahlen wie der Spediteur mit 34 Tonnen. Warum ist das so ungerecht. Drei mögliche Antworten zur Auswahl. 1. Es gibt mehr Handwerksunternehmen als Speditionen, Abzocke lohnt sich also ( siehe System Steuerprogression).
2. Handwerksunternehmen sind durch ihre Kammern schlecht vertreten.
3. Politiker ist immer noch kein Lehrberuf.

Christian Holst
28.08.2015 12:17

Toll Collect erhebt im Auftrag des Bundes in Deutschland eine streckenabhängige Gebühr für Lkw. Das satellitengestützte Mautsystem ermöglicht eine kilometergenaue Abrechnung der Lkw-Maut. Im Gegensatz zu einer Vignette, die unabhängig von der tatsächlich gefahrenen Strecke eine pauschale Nutzungsgebühr vorsieht, ist das Mautsystem von Toll Collect verursachergerecht. Der Mautsatz pro gefahrenen Kilometer ist von der Schadstoffklasse und Achszahl des Lkw abhängig. Auf die Festlegung der Mautsätze hat Toll Collect als Systembetreiber keinen Einfluss, sie werden vom Gesetzgeber bestimmt. Das gilt auch für die Einführung der Mautpflicht für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab 7,5 Tonnen und die Erweiterung der Achsklassen von zwei auf vier (2, 3, 4, 5 und mehr Achsen), die ab dem 1. Oktober 2015 gelten. Die breitere Differenzierung nach Achsklassen führt auch zu einer neuen Berechnung der Kostenanlastung.
Toll Collect betreibt seit über zehn Jahren das Lkw-Mautsystem und sorgt für eine reibungslose Mautabrechnung. Mit bisher über 40 Milliarden Euro Mauteinnahmen leistet die Lkw-Maut einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Bundesfernstraßen. Die Einnahmen aus der Maut fließen in den Erhalt und Ausbau dieser Infrastruktur. Wie das Geld verwendet wird, ist auf der Website der VIFG (Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft) sehr genau aufgeschlüsselt - und öffentlich zugänglich.