Straßengüterverkehr wächst weiterhin
26.11.2019 | Olaf Thiel

Kommt die CO2-Maut für den Lkw?

Keine Frage – der Verkehrssektor und vor allem der Güterverkehr auf der Straße müssen klimafreundlicher werden. Eine Lösung könnte die CO2-orientierte Lkw-Maut sein. Die fordert Verkehrsminister Andreas Scheuer in seinem Innovationsprogramm Logistik 2030.

Laut Klimaschutzplan der Bundesregierung muss der Verkehrssektor seine Treibhausgasemissionen von 163 Millionen Tonnen auf 95 bis 98 Millionen Tonnen im Jahr 2030 reduzieren. Zur Erreichung dieser Ziele müssen alle Wirtschaftsbereiche ihren Beitrag leisten. Von zentraler Bedeutung ist neben dem Energiesektor der Verkehr. Er ist der zweitgrößte Verursacher von CO2 in Europa. Nutzfahrzeuge sind für rund ein Drittel der CO2-Emissionen aus dem gesamten Verkehrsbereich verantwortlich. Dabei ist das Verkehrsaufkommen im Straßengüterverkehr zwischen 1995 und 2017 um 70 Prozent gestiegen. Um das oben genannte Ziel zu erreichen, wurden im Frühjahr 2019 auch für schwere Nutzfahrzeuge CO2-Flottengrenzwerte eingeführt. Dies soll den Einsatz von Effizienztechnologien und alternativen Antrieben weiter beschleunigen.

Pläne für Lkw-Maut auf CO2-Basis

Laut der neuen Verordnung muss der mittlere CO2-Ausstoß pro Kilometer bei neuen Lkw nun in zwei Schritten sinken: ab 2025 um 15 Prozent, ab 2030 um 30 Prozent – bezogen jeweils auf das Basisjahr 2019. Damit folgt die EU den USA, China, Japan und Kanada, wo es CO2-Normen für Lkw schon länger gibt. Darüber hinaus ist die Bundesregierung bestrebt, die Mauttarife für Bundesstraßen und Autobahnen künftig viel stärker vom Schadstoffausstoß eines Fahrzeugs abhängig zu machen. Eine Lkw-Maut, die steigt oder fällt, je nachdem wie energieeffizient ein Fahrzeug ist – das Bundesverkehrsministerium lässt derzeit prüfen, wie sich das Konzept am besten umsetzen lässt. Pro Tonne CO2 könnten 80 Euro anfallen, für alternative Antriebe soll es eine Vergünstigung von 75 Prozent geben. Im Gespräch ist auch eine Reform der Kfz-Steuer, die sich künftig mehr am CO2-Ausstoß orientieren könnte.

VECTO bietet rechtlichen Rahmen

Das deckt sich mit dem Beschluss des EU-Parlaments. Dieser legt fest, dass Mautgebühren für Pkw und Lkw auf europäischen Straßen ab 2023 nach der zurückgelegten Entfernung berechnet werden. Die Höhe soll dabei vom Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids abhängen. Die Abgabe soll dann aus einem Basisbetrag von fünf bis zehn Cent pro Kilometer und diversen Aufschlägen bestehen, die der Straßenbetreiber selbst bestimmen kann. Möglich ist etwa ein Aufschlag auf Strecken in Stadtnähe oder ein Stau-Aufschlag auf Straßen, die besonders verkehrsbelastet sind. Bisher existierte allerdings keine EU-rechtliche Grundlage für eine Lkw-Maut, die nach CO2-Kriterien gestaffelt ist. (UPDATE: Am 3.12.2019 ist der Entwurf der EU-Wegekostenrichtlinie (Eurovignette), der unter der finnischen EU-Ratspräsidentschaft erarbeitet wurde und den Grundstein für eine Treibhausgasbasierte(CO2) -Bemautung legen sollte, vom Rat der Verkehrsminister der EU abgeschmettert worden.)

Grundvoraussetzung für eine CO2-basierte Maut ist eine einheitliche Kennzeichnung aller Nutzfahrzeuge. Lange Zeit gab es kein allgemein verbindliches Testverfahren. In Europa wurde daher das Simulationsprogramm VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) entwickelt, das den Kraftstoffverbrauch eines Lkw in seiner individuellen Konfiguration berechnet. Hierzu werden unter anderem die Luftwiderstände verschiedener Kabinenvariante eines Lkw-Modells gemessen. Auch unterschiedliche Kraftstoffverbräuche je nach Motor-, Getriebe- oder Achs-Varianten fließen in die Berechnung ein. Die daraus erzeugten Daten muss jedoch zuerst eine unabhängige Prüforganisationen bestätigen.

Objektiver Vergleich von CO2-Werten

Reale Werte können aber von den mit VECTO errechneten abweichen. Momentan werden Aufbauten und Auflieger nur mit Standardwerten simuliert. Zudem finden Assistenzsysteme wie Tempomat oder eine effiziente Routenplanung noch keine Berücksichtigung. Seit 1. Januar 2019 erhalten Käufer eines neu produzierten Lkw der Klassen 4, 5, 9 und 10 ein Zertifikat mit Angaben zu Kraftstoffverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß. Die EU hat die Software samt den dazugehörigen einheitlichen Test- und Messverfahren gemeinsam mit Lkw-Herstellern und der TU Graz entwickelt. Damit können die Verbrauchs- und CO2-Werte der Fahrzeuge objektiv verglichen werden. Anfang 2020 wird die EU außerdem den leichten Verteilerverkehr ab 7,5 Tonnen in die VECTO-Regelung aufnehmen. Es gibt allerdings keine Verpflichtung zur neuen Maut. Mitgliedstaaten sollen nach wie vor selbst entscheiden dürfen, ob sie Gebühren für die Nutzung ihrer Straßen erheben. Falls doch, sollten sie sich allerdings am europäischen Modell orientieren.

Infokasten

Infokasten:

Die Maut in Deutschland wurde bereits von Anfang an so konzipiert, dass sie Transportunternehmen einen starken Anreiz bietet, möglichst schadstoffarme Fahrzeuge einzusetzen. Die Höhe ist nämlich nicht nur von der gefahrenen Strecke abhängig, sondern auch vom Schadstoffausstoß und Lärmbelästigung des jeweiligen Lkw. Je moderner die Abgastechnik und damit je geringer die Schadstoffemissionen der Lkw sind, desto günstiger der Tarif. Der CO2-Ausstoß ist jedoch bisher kein Kriterium bei der Bestimmung der Mauthöhe.

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